Baugeschichte

Die Baugeschichte bis zum 17. Jahrhundert

Schon in fränkisch-merowingischer Zeit (496-751) entstand auf dem Berg an der Stelle, wo heute die Bergkirche steht, eine dem Heiligen Remigius geweihte Kapelle (Remigius, ca. 440-535, war Bischof von Reims und taufte den Frankenkönig Chlodwig 496/97).

Am „Goldberg“ (so ab 1705 benannt) wurden fränkische Gräber gefunden. Somit wurde der Kirchberg seit dem frühen Mittelalter bis in die Gegenwart als Gräberfeld genutzt. Der Marktflecken Osthofen selbst wird erstmals 784 im Rahmen einer Güterschenkung an das Kloster Lorsch erwähnt.

Die Burg auf dem Berg:

Die Kirche wurde zusammen mit einem vermutlich benachbarten Gutshof im Laufe der Jahrhunderte zu einer Burganlage ausgebaut und rundum befestigt. Hier residierten die königlichen, später kaiserlichen Vögte (für Osthofen erstmals bezeugt: im Jahr 1160). Noch 1293 wird „burgwege“ als Flurnamen genannt, obwohl die Burg damals bereits nicht mehr existierte. Laut Beurkundung des Kaisers Heinrich VI. wurde der Osthofener Kirchberg 1195 dem Domstift Worms übertragen.

Im Jahr 1241 (17. Oktober) verteidigten sich die Osthofener Bürger von dem mit Gräben und Mauern befestigten Kirchhof aus gegen die anrückenden Wormser, deren Bischof Landolf von Hohenecken (1234-47) in einer Fehde gegen die Osthofener Vögte lag. Im Zuge dieser bewaffneten Auseinandersetzungen wurde die Burganlage weitgehend zerstört. Einzig der Turm (vormaliger Bergfried) blieb erhalten. Möglicherweise wurden zumindest Teile wieder instand gesetzt, denn in den folgenden Jahrhunderten wird die Vogtei Osthofen immer wieder urkundlich erwähnt. (Typisch für die Region war seit dem Mittelalter die Verknüpfung von sakralem und weltlichem Territorium, von Gotteshaus und Gerichtsbarkeit.) Schließlich blieb bis zur Französischen Revolution die Pfalz Besitzerin der Vogtei.

Die Befestigung des Kirchbergs blieb weitgehend erhalten, erst in den 20er Jahren des 19. Jahrhunderts wurden Wall, Brustwehr und Graben geschleift. Auf der ältesten Ansicht von Osthofen (1615, sog. „Meister von Frankenthal“) sind im Vordergrund die hölzerne Zugbrücke sowie die den Ort umgebende Fleckenmauer zu sehen. Teile dieser Fleckenmauer begrenzen heute noch den Friedhof in Richtung „Schießgraben“ (noch heute so benannt); nach Osten verlief die Mauer längs des heutigen Kirchbergs auf den “Schneller“ zu. Weiter folgte sie dem „Dorfgraben“, in dessen unterem Teil sich bis heute Abschnitte der Fleckenmauer erhalten haben. Beim „Wormser Tor“ (heute gleichnamige Gaststätte) bog die Mauer nach Norden ab. Ein kleiner, jedoch anschaulicher Rest der alten Mauer befindet sich noch auf dem Kirchberg im Hof des Anwesens Nr. 24 (Fam. Schmitt). Weitere Reste liegen unter Bewuchs.

 

Die Kirche auf dem Berg:

Im 11. Jahrhundert war die ursprüngliche Kapelle zu einer dreischiffigen Pfeilerbasilika mit einem Turm über dem Ostjoch des nördlichen Seitenschiffs ausgebaut worden. Die Proportionen des Grundrisses legen dieses nahe; allerdings war das erste Kirchenschiff nach Süden etwa 70 cm breiter. Die schon oben erwähnte Ansicht von 1615 zeigt einen leichten Knick im Giebel bzw. durchgehend auf der Dachfläche, welcher wahrscheinlich den Übergang des erhöhten Mittelschiffes zu den niedrigeren Seitenschiffen der Basilika markiert.

Von dieser frühromanischen Kirche sind nur drei Teile geblieben: der Glockenturm (allerdings, als ältester Gebäudeteil, nur der untere Teil mit den zugemauerten Arkaden, im frühromanischen Stil; das Obergeschoß des Turmes, ursprünglich im gleichen Stil, ist dagegen nicht mehr erhalten, sondern mußte später erneuert werden; siehe unten). Zu den ältesten erhaltenen Teilen gehören ferner beide Seitenwände des ersten Chorjoches und ein, allerdings heute vermauertes, Rundbogenfenster in der Nordwand des Chores. Prof. Bronner, der bei der Renovierung 1902/03 bauhistorische Untersuchungen durchführte, erwähnt das in Fischgrat-Technik erstellte Mauerwerk des Chores. Insbesondere die Gliederung des ersten Turmgeschosses (Doppelfenster, eingestellte Säule, Blendarkaden) zählt somit zu den seltenen Beispielen von Architektur aus salischer Zeit (1025-1124) im ländlichen Raum.

In staufischer Zeit (ab 1125) wird der Einfluss der Wormser Dombauschule auf die kleineren Kirchen des Umlandes zunehmend faßbar und geht auch an Osthofen nicht spurlos vorüber. Zu dieser Bauphase zählt das zweite Geschoss des Turmes mit der aufwendigen Gliederung durch Rundbogen, ornamentierte Doppelfenster und Lisenen (Wandvorlagen).

Zu den Eigenheiten der „Wormser Schule“ darf auch der gerade abgeschlossene Chor der Bergkirche gezählt werden.

Zu den späteren Erweiterungen zählt die um 1230 südlich des Chores angebaute Katharinenkapelle. Diese, heute als Sakristei genutzt, hat ein gleichfalls frühgotisches, sehr schönes Kreuzrippengewölbe, das von Ecksäulen mit kunstvoll gearbeiteten Kelch-Kapitellen aus Sandstein gestützt wird. Diese gehören zu den besten Arbeiten jener Zeit in der hiesigen Gegend und erinnern formal an die Kapitelle im Chor von St. Paul in Worms. Gleichzeitig erfolgte die Einwölbung des spätromanisch-frühgotischen Chors, die mit dem Bauschmuck der seitlich angebauten Sakristeien stilistisch harmoniert und ausgesprochen kunstvoll ist; besonders schön gearbeitet sind auch die Schlußsteine im Chor, herauszuheben im ersten Joch: Christus, dargestellt als Lamm Gottes.

Auf der Bogenöffnung zum Langhaus hin wurde, gleichfalls um 1230, spätromanische Freskenmalerei angebracht: Brustbilder Christi und der Apostel (1962 freigelegt und restauriert). Aus der gleichen Zeit stammt auch die Bemalung der Rippen und des Schildbogens mit Blumen-Ornamentik.

Gegen Ende des 13. Jahrhunderts wurden, ebenfalls „al fresco“, auf der Nordwand der Katharinenkapelle die Legende der Hl. Katharina (Kennzeichen: das Rad), auf der Ostwand die Kreuzigung dargestellt. Von letzterer sind leider nur Fragmente erhalten, die bei der Renovierung im Jahr 1902 freigelegt werden konnten.

Ca. 1505 wurde an der Nordseite der Bergkirche eine zweite Sakristei, mit Kreuzgewölbe auf zwei Jochen, angebaut (heute: Technikraum und Küche).

Bauliche Veränderungen in der Neuzeit

In der Neuzeit erfuhr die Bergkirche mehrere gravierende Veränderungen:

In der zweiten Hälfte des 30jährigen Krieges brannte sie ab. Der Osthofener Pfarrer Saladin berichtet in einem Brief vom 9.7.1731: „Nehme die unterthänigste Freyheit, anzuzeigen, wie das in dem Dreißigjährigen Krieg diese Kirch abgebrandt und verwüstet, hernacher aber lange Zeit öde und bloß gestanden, endlichen auf die durch das Feuer, Regen und Wetter mürb gemachte Mauer und Gewölber, welche in dem Brand stehen geblieben, wieder aufgebauet und von Zeit zu Zeit daran geflicket werden“. – Die Kirche wurde in jenen Jahren immer nur notdürftig wieder hergerichtet.

Im Jahr 1706, im Zuge der Pfälzer Kirchenteilung, war die Kirche zwar endgültig den Reformierten zugesprochen worden. Aber auch danach wurde sie, wie auch das Geläut, noch eine Zeitlang simultan genutzt. Vor allem aber lag die Baulast noch beim Wormser Domkapitel. Dieses stimmte einem Neubau lange nicht zu, obwohl die Kirche mittlerweile baufällig und für die stark angewachsene Reformierte Gemeinde längst zu klein geworden war.

Im Baubuch des Amtes Alzey von 1587 wird die Kirche noch als „in unclagbarem Baw“ (d.h. in tadellosem baulichen Zustand, Anm. d. Verf.) beschrieben.

In der Festschrift „1200 Jahre Osthofen“ fasst R. Kilian die anschließende Entwicklung wie folgt zusammen:

„Im Jahre 1608 hatten sich die Protestanten unter Führung der Kurpfalz zur Union vereinigt. Der erste Teil des 30-jährigen Krieges, also der böhmisch-pfälzische Krieg von 1618-1623, wurde in seiner Schlußphase in der Schlacht am Weißen Berg am 08. November 1620 in der Pfalz ausgetragen. Dort operierte der spanische General Spinola gegen den Führer der Unierten, Graf Mansfeld. Die mit niederländischen Geldern finanzierte Armee des Grafen hat am 02. März 1621 das kurpfälzische Osthofen niedergebrannt, um den spanischen Truppen das Festsetzen in dem ummauerten Flecken unmöglich zu machen. Dabei wurde auch die strategisch wichtige Bergkirche verbrannt.“

Inspektor Bernhardi schreibt am 1. Oktober 1782 in der Rückschau:

„Anno 1729, am Fest der Himmelfahrth Christi, fing die gantz ruinos gewesene Kirch an zu krachen, daß die versammelt gewesene Gemeinde davongeloffen und sich nachgehends theils unter dem freyen Himmel, theils in einer Scheuer (des Landwirts Meloth, Anm. d. Verf.) wegen denen von dem Hohen Dohmstifft gemachten Schwierigkeiten und deßhalb geführten kostspieligen Proceß 18 biß 19 Jahr zum Gottesdienst versammeln mußte“ (zit. nach Diehl, Baubuch, S. 124).

Wie kam es zu dem Entschluss, nicht nur eine Reparatur des Kirchenschiffs, sondern einen kompletten Neubau zu wagen? Über die Jahre kam es zu mehreren, mehr schlecht als recht ausgeführten, Reparaturen. Der bereits oben erwähnte Pfarrer Saladin klagt: „dicke Mauern ruhet, von unten bis oben durch und durch gespalten, daß man Hände durchstoßen kann, folgbahr“ die ihre Deckenlast nicht mehr tragen konnten. Das Wormser Domstift stimmte den dringend notwendigen Reparaturen nur zögerlich zu, die zudem noch äußerst nachlässig ausgeführt wurden und an der Baufälligkeit nicht wirklich etwas änderten. Erst der 1739 nach Osthofen berufene reformierte Pfarrer und Inspektor Johann Christoph Steymann konnte in zähen Verhandlungen Bewegung in den Wiederaufbau bringen. Er erreichte, dass der Landesherr, Kurfürst Carl Theodor, sich für den Wiederaufbau verwendete und schließlich die Wormser Domherren per Dekret zum Mitbauen der Kirche verpflichtete.

Kilian berichtet in der o.g. Festschrift (S. 79f.):

„Nach endlosen Streitereien um die Baupflicht begann endlich 1744 der Wiederaufbau und am 01. Oktober 1747 erfolgte die Einweihung. Diese hatte aber Inspektor Steymann nicht erlebt. Bei der Festpredigt zur Grundsteinlegung am 06. Oktober 1745, einen Tag nach seinem 70. Geburtstag, war er schwer krank und wurde von seinem Sohn, der sein Vikar war, vertreten. Inspektor Steymann verzeichnete noch den Verlauf der Feier in seinem Kirchenbuch und starb wenige Tage später. Er wurde am 17. Oktober 1745 in der noch unfertigen Kirche dort begraben, wo der Pfarrstuhl hinkommen sollte. In der Nähe des Altars wurde später der am 25. Dezember 1779 gestorbene Inspektor Johann Philipp Spitz (mit mehreren Angehörigen) beigesetzt, der 30 Jahre Pfarrer in Osthofen gewesen war. Die Kanzel mit Schnitzereien von Schreinermeister Wahl wurde 1747 eingestellt. Die Orgel von den Brüdern Stumm 1755. Die Brüstung der Westempore wurde 1747 von Johann Conrad Seekatz, nach Matheus Merians Vorlagen, mit Gemälden bemalt, an der jüngeren Nordempore um 1780 von Jung aus Worms.

Bis 1798 hatte das Domstift Worms zwei Drittel der Baupflicht am Langschiff, ein Drittel fiel auf die Geistliche Güteradministration der Kurpfalz. Der Turm indessen gehörte immer der bürgerlichen Gemeinde und in ihm hingen die Gemeindeglocken.“ (Anm. d. Verf.: Diese Tatsache liegt darin begründet, dass man den Turm als ein Relikt der 1241 zerstörten Burg ansah. Erst 1909 wurde der Turm schließlich der Evangelischen Gemeinde überschrieben. Aber noch immer gehört der „Stundenschlag“ der bürgerlichen Gemeinde, während das Geläut der Kirchengemeinde gehört.)

Weiter lesen wir bei Kilian:

Bis 1858 wurden die Glocken von den Konfessionen gemeinsam benutzt, die bürgerliche Gemeinde benutzte sie als Läuteglocken für ihre Zwecke. Da die Reformierten also keine eigene Glocke besaßen, erwirkten sie 1701 die Erlaubnis, in ein Schalloch eine Glocke zu hängen, wozu aber eine Säule entfernt werden mußte. Da die Belastung des Schlußsteins diesen aber gelockert hatte, wurde die reformierte Kirchenglocke 1836 in den Turm gehängt. Im Jahre 1909 ging der Turm in das Eigentum der evangelischen Gemeinde über. Das im 18. Jahrhundert errichtete Deckengebälk war um 1900 baufällig geworden. Deshalb erfolgte 1903 mit Hilfe der Denkmalpflege eine gründliche Renovation unter Leitung von Professor Bronner aus Mainz, Architekt und Kunsterzieher. Dachgebälk und Decke wurden teilweise erneuert. Dabei wurden wertvolle Fresken in der Katharinenkapelle freigelegt und das Innere stilvoll erneuert. In die Fenster wurden Bilder der drei Reformatoren Luther, Melanchthon und Calvin eingefügt. Die Renovierung kostete den damals erheblichen Betrag von 18.700 Mark, wozu der hessische Staat 472,65 Mark beisteuerte.

Der Turm hatte schon 1890/91 seine jetzige Höhe und Gestalt erhalten.“ (Er wurde im ursprünglichen romanischen Stil – teils unter Verwendung der alten Steine und Säulen – aber von Grund auf neu hochgemauert, Anm. d. Verf.; siehe oben.)

Interessante Einzelheiten über die 1903 wieder eingeweihte Kirche hat Weckerling mitgeteilt. Insbesondere verweist er auf die wertvolle Ausstattung mit Bildern des Malers Johann Conrad Seekatz (* 4.9.1719 in Grünstadt, 25.8.1768 in Darmstadt; Anm. d. Verf.). Die Bergkirche gilt als eines der kunstgeschichtlich bedeutendsten Bauwerke des Wormser Raumes. Von den wertvollen Fresken fertigte Professor Bronner farbige Kopien im Maßstab 1:5 und 1:1 an.“

Anmerkungen zur neueren Geschichte

Die letzte Renovierung fand in den Jahren 1958 bis 1966 statt. Hierbei wurde die 1903 mühsam renovierte Holzdecke zugunsten der ursprünglichen Stuckdecke vollständig entfernt. Alte Osthofener vermissen seitdem eine gewisse Wärme des Kirchenraumes, der mit einer weiß-grauen Kalkfarbe gestrichen wurde. Übertüncht wurde auch ein Gemälde über dem Triumphbogen am Eingang zum Altarraum: dort schwebten zwei Engel, zwischen denen eine Schriftrolle ausgespannt war mit der Inschrift: „Jesus Christus gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit“ (Hebräer 13,8).

Das im Jahr 1964 angeschaffte Altarkreuz ist ein Werk des Künstlers Hermann Tomada (geb. 1907 in Höchst i. Odw., gest. 1990 in Darmstadt), der als Metallbildhauer eine besondere Fertigkeit entwickelt hatte. Mit seinen Werken wollte er die seelischen Erschütterungen unseres Jahrhunderts transparent machen. Das aus Eisen geschmiedete Kreuz der Bergkirche soll die Grausamkeit und Sinnlosigkeit, die Kälte und Einsamkeit des Todes Jesu am Kreuz sinnlich erfahrbar machen. Dies gelingt insofern immer wieder, als das Kreuz auch heute noch Diskussionen auslöst. Das Ärgernis, das die Menschen daran nehmen, ist dabei kein anderes als das „Ärgernis des Kreuzes“, von dem schon der Apostel Paulus geschrieben hat (Brief an die Galater 5,11; vgl. 1. Korinther 1,23).

Bei der Renovierung wurde auch der Austausch der Fenster im Chorraum vollendet. Hierzu wurde der Marburger Künstler Erhart Klonk beauftragt.

- Das Hauptfenster (im Osten, zum Sonnenaufgang hin) vereinigt in sich die großen Christus-Feste und den Karfreitag: Die rote Blume im unteren Feld steht für Weihnachten und erinnert an das Lied: „Es ist ein Ros’ entsprungen”. – Im oberen linken Teil des Fensters sind drei rote Kreuze auf einem dunkel-grauen Feld zu sehen: diese Symbolik steht für den Karfreitag, für den Kreuzeshügel „Golgatha“. – Und im Zentrum des Bildes sehen wir das Ostergeschehen: Die Frauen sehen am Ostermorgen erschrocken auf das leere Grab und den Engel, der ihnen mit den Händen bedeutet: „Er ist nicht hier (- die linke Hand des Engels weist zum Grab! -); er ist auferstanden, wie er gesagt hat“ (- die rechte Hand des Engels zeigt nach oben!; Matthäus 28, 6).

- Das Südfenster (zugleich das älteste der neuen Fenster, gestiftet von Familie Schill) zeigt die Bekehrung des Paulus auf dem Weg nach Damaskus nach Apostelgeschichte 9: Paulus liegt geblendet am Boden.

- Das Nordfenster schließlich zeigt die heilige Stadt, das himmlische Jerusalem nach der Offenbarung des Johannes, im 21. Kapitel: „... und (der Engel) zeigte mir die heilige Stadt Jerusalem herniederkommen aus dem Himmel von Gott, die hatte die Herrlichkeit Gottes; ... sie hatte eine große und hohe Mauer und hatte zwölf Tore und auf den Toren zwölf Engel ... Und der mit mir redete, hatte einen Meßstab, ein goldenes Rohr, um die Stadt zu messen und ihre Tore und ihre Mauer” (Verse 10.12.15).

Die Kirche konnte an Pfingsten 1964 wieder in Betrieb genommen werden, kleinere Arbeiten zogen sich noch bis 1966 hin. Am Ende beliefen sich die Kosten auf 343.994,20 DM – in den 60er Jahren eine ungeheure Summe, die auch dadurch zustande kam, dass noch Schäden aus dem 2. Weltkrieg zu beheben waren.

Beim Einbau der Fenster war damals auch der Sohn des Künstlers, Erhart Jakobus Klonk, beteiligt. Er wurde im Jahr 1992 mit dem Entwurf der neuen  Altarbehänge (Antependien oder Paramente, gestiftet von der langjährigen Vorsitzenden der Frauenhilfe, Johanna Immel * 9.4.1904  12.11.2001) beauftragt. Die Arbeiten in den verschiedenen Farben des Kirchenjahres wurden in der Paramentenwerkstatt (jetzt: Textilwerkstatt) des Darmstädter Elisabethenstiftes ausgeführt.

Das alte, mechanische Uhrwerk der Kirche stammt aus der Manufaktur der Gebr. Schneider (Schonach/Schwarzwald). Es handelt sich um eine Rarität – zu schade eigentlich, um sie auf dem Dachboden der Kirche sich selbst zu überlassen. Längst hat nämlich der Computer in die Kirche Einzug gehalten: Das Geläut wird heute durch ein Glockenprogramm der Fa. Höckel-Schneider / Flörsheim am Main) gesteuert. Und der Uhrschlag bekommt seine Funksignale von der Atomzeituhr in Braunschweig.

Außenrenovierung 1999 – 2003

In den Jahren 1999 bis 2003 wurde die Bergkirche einer gründlichen Außenrenovierung unterzogen.

Die Kosten wurden noch in „Deutschen Mark“ veranschlagt und sollten sich auf knapp 800.000 DM belaufen. Am Ende beliefen sie sich auf 427.834,90 Euro (836.772,33 DM) – was zum einen Teil durch den unerwarteten Umfang der Arbeiten, zum anderen Teil aber auch durch Pfusch am Bau zu erklären ist.

Der Putz wurde komplett abgeschlagen und neu aufgebracht. Dabei kam an der Nordseite des Chorraums ein altes, zugemauertes Renaissance-Portal mit einem wunderschön ziselierten Sandsteinrahmen zum Vorschein: ein früherer Eingang, wahrscheinlich der Reformierten Gemeinde, als die Kirche noch simultan genutzt wurde! Da die dazugehörige Treppe heute nicht mehr vorhanden ist, legte die Denkmalbehörde Wert darauf, dass der Rahmen nicht farblich abgesetzt, sondern überstrichen wurde.

Bei der Außenrenovierung wurden erstmals die Sandsteingewände der Barockzeit, die infolge der Witterung und unsachgemäßer Behandlung in der 60er Jahren am Abbröckeln waren, erneuert. Die Kirche erhielt einen neuen Farbton: die Wandfarbe ein zartes Rosa, die Sandsteingewände, Säulen, Gesimse und der Turm ein kräftiges Rot. Die Türen wurden schön nachgearbeitet, die Turmspitze wurde einer gründlichen Revision unterzogen. Schlusspunkt der Außenrenovierung war die Anbringung einer neuen Außenbeleuchtung, auch am nördlichen Aufgang zur Bergkirche, im Frühjahr 2003.

Die Bergkirche in der Zukunft

Seit nun bald 900 Jahren steht dieses Gotteshaus auf dem Goldberg. Wir haben gesehen, dass es eher eine Ausnahme war, wenn die Bergkirche einmal für einen längeren Zeitraum unbeeinträchtigt war oder unverändert belassen wurde. Vielmehr zeigt ihre Geschichte, dass sie innen wie außen ständig Veränderungen unterworfen war. Und die wenigste Zeit hatte sie die Gestalt, die wir heute kennen!

Nahezu jede Generation sah sich vor der Aufgabe, die Inhalte des Glaubens in ihrer Zeit neu auszusagen und zu vermitteln und das Kirchengebäude den Erfordernissen der jeweiligen Zeit neu anzupassen. Dabei ist es immer eine Gratwanderung zwischen dem Bestreben, das Vergangene zu bewahren und gleichzeitig etwas für die Zukunft zu schaffen. Am Ende des 20. Jahrhunderts/Anfang des 21. Jahrhunderts stehen wir ganz neu vor der Aufgabe herauszufinden, was uns der Glaube und die (bauliche) Überlieferung der Vorfahren bedeuten und für welche Bedürfnisse wir die Bergkirche weiter entwickeln wollen. Wieder ist es eine Gratwanderung: Wollen wir ein stilrein erhaltenes Gebäude (in seinen spätromanisch-frühgotischen und barocken Teilen) – eine Kirche, wie ein Museum, in dem wir uns aber kaum zu rühren wagen; oder getrauen wir uns, neue Setzungen vorzunehmen, die „modernen“ Anforderungen entgegenkommen? „Stilreinheit oder Kuschelkirche“ – so heißt möglicherweise die Frage, der wir uns stellen müssen, wenn wir unseren Nachfahren eine Kirche hinterlassen wollen, die einerseits von Vergangenem erzählt, aber auch uns in der Gegenwart einen wichtigen Teil unseres Heimatgefühls vermittelt.